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Schalke-Torwart Fährmann zeigt Flagge gegen Hass und Hetze im Internet – Stimberg Zeitung 06.05.22

Auch Ralf Fährmann hat seine Erfahrungen mit persönlichen Anfeindungen im Internet gemacht. „Als Fußballprofi bleibt das leider nicht aus. Selbst wenn du denkst, dass du bei den Fans beliebt bist“, sagt der Torwart des FC Schalke 04. Dabei werde er mit Beleidigungen konfrontiert, die oftmals unter die Gürtellinie gehen. Aber das Thema „Hass und Hetze im Netz“ betreffe nicht nur ihn als Person des öffentlichen Lebens, sagt der 33-Jährige, sondern wirklich jeden, gerade auch Kinder und Jugendliche. Und er betont: „Es ist wichtig, dass wir etwas dagegen tun.“

Für Christian Lenner ist es ein „Herzensprojekt“

Der Profi-Kicker will dazu beitragen, „das Thema groß zu machen“, Aufmerksamkeit dafür erzeugen. Und hat sich deshalb bereit erklärt, die Kampagne „Für Toleranz und Zivilcourage im Netz“ als ehrenamtlicher Botschafter zu unterstützen. Dabei steht er in einer Reihe mit anderen Prominenten wie Martin Brambach (Schauspieler), Frank Busemann (Olympia-Zweiter 1996) oder Andreas Niedrig (Triathlet). Aber auch Chefarzt Dr. Matthias Losch (Frauenklinik Prosper-Hospital), „Ruhrpott-Polizistin“ Anna oder Oer-Erkenschwicks Bürgermeister Carsten Wewers zählen zu den 25 Gesichtern der Kampagne.

Aus Oer-Erkenschwick kommen auch die Initiatoren: Christian Lenner (Agentur-Inhaber) und Karsten Andreas (Fotograf). Zu Beginn der Corona-Pandemie habe er gemerkt, wie sich das Leben noch mehr ins Internet verlagert habe, sagt Lenner bei der Auftaktveranstaltung in der Stadthalle der Stimbergstadt – und wie der Ton speziell auf den Social-Media-Plattformen „noch härter, noch rauer, noch unfairer“ geworden sei. Als Familienvater habe er sich in der Pflicht gesehen, dagegen aktiv zu werden, um speziell die Kinder zu schützen. Und aus dieser Idee sei das Herzensprojekt „Für Toleranz und Zivilcourage im Netz“ entstanden.

Transaktivist Deimel reicht Menschen die Hand, die ihn ablehnen

Mithilfe der 25 Botschafter will Lenner die Kampagne über die eigene Website, Social-Media-Kanäle sowie 50 Plakate zunächst kreisweit bekannt machen. Gleichzeitig soll es aber auch darum gehen, Fakten rund um Mobbing, Diskriminierung, Hass und Hetze zu vermitteln sowie über mögliche Folgen und Hilfen zu informieren. „Und langfristig wollen wir auch eine eigene App entwickeln und damit in die Präventionsarbeit einsteigen“, so Lenner.

Dass Mobbing ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, macht Selbstbehauptungstrainer Karsten Stanberger in der Stadthalle deutlich. Er erläutert, wie Kinder und Jugendliche zu Opfern und Tätern werden – und warum es wichtig ist, genau dieses Opfer-Täter-Denken aufzubrechen. Und er appelliert an die Erwachsenen, Vorbilder zu sein, die respektvoll mit anderen umgehen.

„Wenn ich hater hate, bin ich nicht besser als die“, sagt der „Transaktivist und Liebenskünstler“ Jill Deimel. Und beschreibt auf bemerkenswerte Weise, wie er versucht, selbst solchen Menschen die Hand zu reichen, die ihn ablehnen. Der Weg zu so einer starken Persönlichkeit war für den Transmann, der in einem weiblichen Körper geboren wurde, aber weit – und begleitet von Suizidgedanken. „Irgendwann habe ich mich gefragt: Wie soll die Welt dich akzeptieren, wenn du dich selbst nicht akzeptierst“, erzählt er – und wirbt dafür, „Andersartigkeit zu feiern“.

Frank Busemann sieht sich selbst als harmoniebedürftigen Menschen, der überhaupt nicht versteht, „warum jemand aktiv einen Streit heraufbeschwören muss“. Seine Zusage als Botschafter gab der ehemalige Zehnkämpfer schnell, „darüber musste ich nicht lange nachdenken“. Zwar sind seine eigenen Erfahrungen mit Cybermobbing „überschaubar“. Aber die Ausführungen von Stanberger und Deimel erinnern den 47-Jährigen an seine Grundschulzeit, in der er „zwei Jahre lang jeden Tag von fünf Jungs verprügelt wurde. Das“, sagt er, „war nicht ohne.“

Das Internet gab es damals noch nicht. Und so wird nicht nur bei Busemanns Ausführungen deutlich, dass die Kampagne „Für Toleranz und Zivilcourage im Netz“ wirbt – aber eben nicht nur dort. Es geht immer wieder auch um Mobbing, Diskriminierung, Hass und Hetze insgesamt. Darum, dass niemand etwa wegen seiner Hautfarbe, seiner sexuellen Orientierung oder seiner Meinung ausgegrenzt werden darf. So thematisiert Fährmann auf der Website beispielsweise, dass rassistische Zwischenrufe weder beim Sport noch irgendwo sonst etwas zu suchen haben.

Lenner hat die Kampagne als Mitmach-Aktion konzipiert. Er würde sich wünschen, dass sich der ganze Kreis Recklinghausen einbringt, dass Menschen aus allen zehn Städten bei Instagram ein Foto von sich mit dem Hashtag #toleranzimnetz posten – und so ein Zeichen setzen. 

(von Markus Geling, Stimberg Zeitung vom 06.05.2022)

Schalke Torwart Ralf Fährmann als Botschafter bei der Eröffnung Für Toleranz und Zivilcourage im Netz am 06.05.2022
Stimberg Zeitung vor Pressewand der Kampagne für Toleranz und Zivilcourage im Netz